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%T Zugutachterei: Bedingungen und Folgen korruptiver Nachsicht
%A Neidhardt, Friedhelm
%J Soziologie : Forum der Deutschen Gesellschaft für Soziologie
%N 1
%P 36-49
%V 52
%D 2023
%@ 0340-918X
%> https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-90559-9
%X Die Analyse von Gutachterei greift zu kurz, wenn sie sich allein auf die Beziehungen zwischen Prüfling und Prüfer versteift; man muss eruieren, wer wie in deren Verhältnis zusätzlich mitspielt. Hier beginnt die Soziologie. Auswahl und Finanzierung von Gutachtern beeinflussen mehr als alles andere ihre Unabhängigkeit. Ungute Folgen lassen sich prinzipiell durch den öffentlichen Verkauf der Prüfungsergebnisse beziehungsweise durch staatliche Finanzierung vermeiden. Befinden Prüflinge selbst sowohl über die Wahl ihrer Gutachter als auch über deren Finanzierung, sind von vornherein Abhängigkeiten im Prüfprozess vorhanden. Die Wahrscheinlichkeit von Gefälligkeitsgutachten ("Zugutachterei") ist bei dieser Kapitalisierung von Begutachtungen geschäftsbedingt. Verstärkungen dieser Wahrscheinlichkeit ergeben sich unter anderem bei einer Vermengung von Begutachtung und Beratung, bei Einschränkungen gutachterlicher Erhebungs- und Darstellungskompetenzen, sowie bei Vorliegen staatlich geschützter 'Haftungsprivilegien'. All dies ist heute vor allem im Wirtschaftsbereich verbreitet. Aber auch der Staat ist als Kontrolleur nicht immer verlässlich. Ausdruck dafür ist unter anderem eine hierzulande ideologisch gewollte Unterfinanzierungen staatlicher Kontrollen sowie deren Finanzierung.
%X The analysis of review and assessment processes does not go far enough if it focuses solely on the relationship between the controllers and those who are assessed. It is necessary to find out who else plays a role in their relationship and how. This is where sociology comes in. More than anything else, the selection and funding of the reviewers influence their independence. Unfavorable consequences can be avoided if assessors finance themselves by selling the results of their assessments or by receiving state funding. If those who are assessed decide themselves both on the selection of reviewers and on their financing, then there exists a dependency between the two actors from the outset. Under this condition, the probability of favorable assessments is very high. The likelihood of positive assessments is further increased if assessment and consulting are mixed-up, if the assessors are restricted in the collection of data and in publishing their findings, and if there exist state-protected liability privileges. All this is common today, especially in the business sector. However, even the state is not always reliable as a controller. This is evident in Germany where state institutions are underfunded as a matter of political will and their privatization is favored.
%C DEU
%G de
%9 Zeitschriftenartikel
%W GESIS - http://www.gesis.org
%~ SSOAR - http://www.ssoar.info