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Laokoons Schmerz oder das Bild des Subjekts: Figuren hegemonialer Männlichkeit zwischen Physiologie, Ästhetik und Politik
Laokoon’s pain or the image of the subject: figures of hegemonial masculinity between physiology, aesthetics and politics
[Sammelwerksbeitrag]
Körperschaftlicher Herausgeber
Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS)
Abstract "Weniges hat in gleichem Maße die Geschichte der Lebenswissenschaften revolutioniert, so der Medizinhistoriker Volker Hess, 'wie die geselligen Selbstversuche des Galvanisierens' bei denen sich die Forscher um 1800 in 'elektrischen Vernetzungen' die Haut der Körper bis zu den Muskeln öffneten, um im... mehr
"Weniges hat in gleichem Maße die Geschichte der Lebenswissenschaften revolutioniert, so der Medizinhistoriker Volker Hess, 'wie die geselligen Selbstversuche des Galvanisierens' bei denen sich die Forscher um 1800 in 'elektrischen Vernetzungen' die Haut der Körper bis zu den Muskeln öffneten, um im Zucken unter Strom eine Repräsentation spezifischer Lebenskräfte zu erforschen. Gleichzeitig handelte es sich bei dem, in exklusiven Männerrunden im Zwischenreich 'häuslicher Öffentlichkeit' stattfindenden, freundschaftlichen 'Symexperimentieren' um eine durchaus ambivalente Habituseinübung: Denn die romantisch geforderte Schmerzsensibilität - die 'naturale' Männlichkeit - fungierte zugleich als Voraussetzung von Kontrolle und Lesbarkeit und diente so der Herstellung 'wissenschaftlicher Objektivität' sowie 'männlicher Selbstbeherrschung' und damit 'kultureller Männlichkeit'. Die galvanischen Selbstversuche partizipierten freilich um 1800 nicht allein an den frühromantischen Geselligkeitsexperimenten, sondern traten über ihre habituelle Repräsentation und die Betonung sensibler Schmerzwahrnehmung bei gleichwohl strenger Selbstbeherrschung mit dem anthropologischen Programm einer antiken Figurengruppe in Kontakt, die um 1800 nicht allein zur Inkunabel des Klassizismus - der erhabenen Schönheit - zählte, sondern auch zum Kernbild bürgerlich-hegemonialer Männlichkeit avancierte: Es handelt sich um die sogenannte Laokoongruppe, wie wir sie in den Vatikanischen Museen bewundern können. Was die Skulpturengruppe so berühmt und in der Folge, bis hinein in Biopolitik und Körperzucht, einflussreich werden ließ, war vor allem ihre epochemachende Deutung durch den Kunsthistoriker Johann Joachim Winckelmann. Kein geringerer als der Pionier der Männlichkeitsforschung George Mosse hat zuerst auf den komplexen Zusammenhang hingewiesen, in dem die Entwicklungsphase des okzidentalen bürgerlichen Männlichkeitsstereotyps in der Zeit der Aufklärung und der bürgerlichen Nationenbildung mit einer explizit politischen 'Ästhetik der Maskulinität' stand. Von hier aus kann eine Linie gezogen werden, sowohl zu den Habituseinübungen und Wissensbildungen in den Selbstversuchen, als auch zum Selbstbeherrschungsprogramm 'Edler Einfalt und stiller Größe' und somit zu dem 'Gesellschaft' als dynamisches ausdifferenziertes Gebilde hinfort repräsentierenden maskulinen Körper- und Schönheitsmodell. Zentral soll nach dem jeweiligen Zusammenhang von gendertem Körpermodell und dem damit verknüpften Modell von 'Habitus' und 'Geselligkeit' gefragt werden. Insbesondere wird die Paradoxie und das Gewaltpotential rekonstruiert, die dem Phantasma eines bürgerlich hegemonialen Männlichkeitsmodells von Anfang an innewohnten." (Autorenreferat)... weniger
Thesaurusschlagwörter
Schmerz; Politik; Kunstgeschichte; Gesellschaft; Menschenbild; Geselligkeit; Körper; Selbsterfahrung; 19. Jahrhundert; historische Analyse; Habitus; Romantik; Ästhetik; Stereotyp; Modell; Gewalt; Physiologie; Forschung; Männlichkeit; bürgerliche Gesellschaft
Klassifikation
Sozialgeschichte, historische Sozialforschung
Frauen- und Geschlechterforschung
Philosophie, Theologie
Methode
Dokumentation; historisch
Titel Sammelwerk, Herausgeber- oder Konferenzband
Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2
Herausgeber
Rehberg, Karl-Siegbert
Konferenz
33. Kongress "Die Natur der Gesellschaft". Kassel, 2006
Sprache Dokument
Deutsch
Publikationsjahr
2008
Verlag
Campus Verl.
Erscheinungsort
Frankfurt am Main
Seitenangabe
S. 539-554
ISBN
978-3-593-38440-5
Status
Veröffentlichungsversion; begutachtet
Lizenz
Deposit Licence - Keine Weiterverbreitung, keine Bearbeitung